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30 Mai / Vom Rhythmus des Lebens: Tun und Sein

Voller Leben sind die wunderbaren Blumen und Gräser sanft wiegend im Wind. Die Bienen fliegen von Blüte zu Blüten, trinken vom Nektar. Vögel singen, das Gezirpe der Grillen erzählt vom Sommer und der Bach rauscht beruhigend. Mein Blick dehnt sich aus, staunend über diesen Flecken Erde voller Schönheit: so klein, so vollkommen! Stunden verbringe ich hier, wieder und wieder, in allen Stimmungen, mit allen möglichen Gedanken und Gefühlen auf der Suche nach meinem Rhythmus, nach dem Rhythmus von Leben.

Was ist passiert? Warum sind wir so sehr dem Gleichgewicht zwischen Tun und Sein und damit aus unserem ureigenen Lebensrhythmus gefallen?

Über viele Jahre wurde uns der natürliche Lebensrhythmus abtrainiert. Wir orientieren uns an Uhren und Kalendern, die Monate sind längst aus ihrem Mondzyklus gefallen. Wir machen mit unseren Lampen die Nacht zum Tag, betonieren uns in Mauern und Strassen und reden dann von Leben.

Unsere lebendige über vier Milliarden alte Erde, die solche Schönheit hervorbringt, eine unglaubliche Weisheit in ihrem Design hat, unsere Erde, aus der wir alle geboren sind, jedes einzelne unserer Atome, beschreiben wir als tote Materie. Wir sind umfunktioniert zu Wirtschaftsfaktoren, gemessen in Produktivität und Leistungsfähigkeit: eine Ressource die gebraucht wird, bis sie leer ist.

Vertrauen tun wir bestenfalls unseren engsten Freunden und vielleicht noch den Versicherungen. Wenn wir selbst das Leben nicht mehr reden hören, wenn wir aus seinem Rhythmus gefallen sind, wenn uns Leere und Sein Angst machen, dann werden wir automatisch zum Besitz unserer Wirtschaft. Sie kann frei über uns verfügen. Wollen wir einmal zu sehr ausscheren, holen uns die innere Buchhaltung mit ihrem Sicherheitsdenken, unser Umfeld, unsere Wertvorstellungen schnell zurück.

Erst wenn wir alt und ausrangiert sind, abgeschoben in Heime und dort am Aktivierungsprogramm zwischen Basteln und Singen nicht mehr teilnehmen können, bleibt uns Raum nachzuholen, wozu wir das ganze Leben nie Zeit hatten: Nichts tun, sein, warten. Nur leider hört der wachsenden Weisheit niemand mehr zu und die Lebensbilanz fällt oft trübe aus. Aber dafür gibt es ja EXIT.
Die Bilanz unserer Gesellschaft des Tuns fällt für unsere Schönheit, Kraft und Freiheit bitter aus.

Doch wir alle haben die freie Wahl, wir sind keine Opfer! Was hält uns zurück, mehr ins Sein einzutauchen und diese faszinierende Welt zu entdecken?

Wenn ich einfach hier sitze und nichts tue als einzutauchen in die Leere, in die Schönheit, ins Leben: ohne Buch, ohne Handy, ohne Musik, nur dem Leben lauschend, schauen mich die Leute fragend an. Es gibt kein Geld, keine gesellschaftliche Bestätigung, keinen Status dafür, es ist anders – ein Staunen. Beginnen wir zu sein, zeigen sich als erstes Ängste, Stress, Zweifel und mehr und mehr Leere und die Frage nach dem Sinn.

Doch dann, wenn wir weitermachen, fast unbemerkt werden wir von Leben berührt. Die Schönheit vor unseren Augen wird sichtbar, der Gesang der Natur hörbar und immer klarer, wie sehr wir Teil von allem sind. Plötzlich beginnen wir die Sprache von Leben zu verstehen.

Es liebt und sorgt für uns in jedem einzelnen Atemzug. Die dunkle Nacht macht sichtbar, was uns im hellen Sonnenlicht verborgen bleibt: Millionen von Sterne. Es ist etwas Wunderbares, sie am Tage zu erahnen.

Nach jedem Winter kommt der nächste Frühling, ein einziger Löwenzahn hat die Kraft Asphalt zu sprengen, und selbst nach der schlimmsten Zerstörung trägt der Wind eines Tages ein Staubkorn und einen Samen auf einen Felsen und ein zartes Moos beginnt mit seinem Wachsen einen neuen Kreislauf.

Alles zeigt sich in Kreisläufen und mit jeder Stunde im Sein spüre ich mehr, wie auch ich, wie wir alle Teil diese Kreisläufe sind. Langsam öffnet sich die Magie von Leben, die Magie von meinem Selbst.

Haben wir einmal angefangen diesen Zauber mit allen Sinnen wahrzunehmen, werden wir nie mehr damit aufhören. Was wir entdecken ist spannender als jede Schulstunde, jedes Buch, als alles Geschriebene: es ist das Leben selbst.

 

By zukunft in Rhythmus des Lebens